Sanierung des Stadions und des Mehrzwecksportfeldes Kupfermühle
Im Stadtteil Tribseer Vorstadt saniert die Hansestadt Stralsund das Stadion „Kupfermühle“ und baut es zu einer multifunktionalen Sportstätte aus. Die Sport- und Trainingsanlage soll nach Fertigstellung aus einer Kampfbahn, einem Multifunktionssportfeld, einer separaten Kugelstoßanlage, einem Laufpfad, einem Mehrzwecksportfeld, einem Versorgungs- und Tribünengebäude und einem Technikgebäude bestehen. Ziel ist es, vielfältige Trainingsmöglichkeiten für den Schul- und Breitensport anzubieten und dabei insbesondere die Bevölkerung der umliegenden Wohnsiedlungen anzusprechen.
Multifunktionalität, Wettkampfsport
Sportentwicklungsplanung, Integriertes Stadtentwicklungskonzept, Vorbereitende Untersuchung
Kontext
Das Sportareal befindet sich in der Tribseer Vorstadt. Dieser Stadtteil ist im Integrierten Stadtentwicklungskonzept (Stand: 2015) als Schwerpunktgebiet mit hohem Handlungsbedarf eingestuft. Er liegt in unmittelbare Nähe zum Bahnhof sowie zu Flächen eines ehemaligen Güterbahnhofes mit ausgedehnten, aber defizitären Grünflächen. Die Wohnbebauung ist geprägt von sanierungsbedürftigen Gebäuden und Wohnungsleerstand, von eingeschossigen Einfamilienhäusern in geschlossener Bauweise und viergeschossigen Mehrfamilienhäusern. Im Stadtteil Tribseer Vorstadt ist die Arbeitslosenquote mit 14,3 Prozent (Gesamtstadt 12,5 Prozent/2016) überdurchschnittlich hoch.
Abbildung 1: Stadionanlage mit mobilen Trainingsgeräten, u.a. mobilen Fußballtoren. Angrenzend befinden sich bereits sanierte Wohnblöcke der hiesigen Wohnungsbaugesellschaft. Foto: Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH, 2022.
Am Standort sind mit Ausnahme eines Begegnungszentrums der Kirche und Spielplätzen für Kinder und Kleinkinder keine weiteren Angebote an die Bevölkerung vorhanden. Die Bildungseinrichtungen können aufgrund fehlender Sportfreianlagen keine umfangreichen Sportmöglichkeiten anbieten. Die Sanierung des Areals hin zu einer multifunktionalen Sportstätte soll diesen Bedarfen begegnen, die wohnortnahe infrastrukturelle Versorgung stärken und alle Generationen zur Ausübung von vereinsorganisierten sowie vereinsunabhängigen sportlichen Tätigkeiten motivieren.
Beschreibung der Maßnahme
Das Projekt wird in mehreren Bauabschnitten umgesetzt. Im ersten Bauabschnitt wurde das Stadion zu einer normgerechten, barrierefreien und multifunktionalen Leichtathletikanlage umgebaut und 2022 fertiggestellt. Dies umfasst eine wettkampfgerechte Leichtathletikanlage, ein Fußballgroßspielfeld, einen Laufpfad, Volleyballfelder sowie eine Calisthenicsanlage. Die Umsetzung wurde mit den Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) realisiert. Das Stadion ermöglicht die Austragung von Sportveranstaltungen und Wettkämpfen und stärkt damit die Bedeutung des Standorts Stralsund für den Schul- und Breitensport sowie als Trainings- und Wettkampfzentrum.
Im zweiten Bauabschnitt ist der Bau eines Mehrzwecksportfeldes geplant, welches mit Mitteln des Investitionspakts Sportstätten gefördert und ab 2022 umgesetzt wird. Der vorhandene Hart- und Trainingsplatz wird zu einem öffentlich zugänglichen Trainingsplatz mit Kunststoffrasen umgestaltet. Die öffentliche Zugänglichkeit der Sportanlage zu festen Öffnungszeiten stellt eine Besonderheit dar, denn die meisten Stralsunder Sportstätten sind wegen Vandalismusgefahr nicht öffentlich zugänglich. Um diese Anlage multifunktional nutzbar zu machen, wird das 94 x 57 Meter große Spielfeld mit unterschiedlichen Feldmarkierungen für verschiedene Sportarten ausgestattet. Mobile Netzanlagen ergänzen und diversifizieren das Angebot. Vor allem die Sportart Fußball soll hier angeboten werden. Während das Stadion trotz multifunktionaler Ausstattung insb. für Leichtathletiktraining und -wettkämpfe ausgestattet ist, soll das Mehrzweckfeld vorrangig die wohnortnahe Versorgung mit Spielfeldern erfüllen. Das Spielfeld wird durch einen zwei Meter breiten Sicherheitsstreifen und einem acht Meter hohen Ballfangzaun abgesichert.
Abbildung 3: Fläche des Mehrzweckfeldes mit angrenzender Wohnbebauung vor Umsetzung der Maßnahme. Foto: Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH, 2022.
In einem dritten und letzten noch zu finanzierenden Bauabschnitt soll die Anlage durch den Ersatzneubau eines Funktionsgebäudes mit Tribünenanlagen komplettiert werden. Bis zu dessen Fertigstellung ersetzen vollausgestattete Containeranlagen mit Umkleidemöglichkeiten, Sanitärbereich und Lagermöglichkeiten die notwendigen Funktionsräume.
Mit dem Projekt strebt die Stad Stralsund auch eine hohe ökologische Qualität an: Blühwiesen am Rand der Gesamtanlage, Retentionsflächen sowie eine Lärmschutzwand aus ökologischen Materialien vervollständigen das Konzept. Um die normgerechten Anforderungen der regelmäßigen Bewässerung des wettkampfgerechten Großspielfelds bedarfsgerecht zu erfüllen, setzt die Stadt Stralsund eine sensorgesteuerte Bewässerungsanlage ein.
Meilensteine
- 2012: Bürgerschaft Stralsund erklärt das Projekt „Stadion Kupfermühle“ zur obersten Priorität
- 2014: Vorbereitung der planerischen Umsetzung durch Aufsetzen einer Studie und Beratungen im Ausschuss der Bürgerschaft für Bildung/Kultur und Sport
- 2015: Zweite Fortschreibung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) der Stadt Stralsund
- 2016: Fortschreibung der Sportstättenentwicklungsplanung der Hansestadt Stralsund
- 2019: Beginn der Abrissarbeiten und vorbereitender Maßnahmen, Umsetzung des 1. Bauabschnitts
- 24.04.2022: Eröffnung des Stadions an der Kupfermühle
Gute Praxis – Konzeptionelle Integration der Maßnahme in die Sportstättenent-wicklungsplanung
Initiatorin der Planungen eines Leichtathletikstadions war die Bürgerschaft der Hansestadt, die die Vertretung der Bürgerinnen und Bürger darstellt und als oberstes Willensbildungs- und Beschlussorgan der Stadt fungiert. Die Notwendigkeit dieser Anlage sowie der sportinfrastrukturellen Ausstattung des Stadtteils Tribseer Vorstadt wurde durch die Sportstättenentwicklungsplanung bestätigt und nachgewiesen. Damit erwies sich die Planung als eine wesentliche konzeptionelle Grundlage zur Durchführung des Vorhabens.
Für das Aufsetzen der Planung stand keine Finanzierung zur Verfügung. Daher erarbeiteten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sportamtes die Sportentwicklungsplanung parallel zum laufenden Tagesgeschäft. Die Planung hat ermöglicht, den Ist-Zustand der Sportstätten Stralsunds zu erfassen und die Bedarfe der organisierten Sportwelt vor Ort – also des Schul- und Vereinssports – zu ermitteln. Zentral war hierfür die Frage: Was wird gebraucht, um mindestens den Bestand fortzuführen oder um gegebenenfalls zu wachsen? Für die Bestandsaufnahme wurden Daten u.a. zur Anzahl, Auslastung, Zugänglichkeit und zum Zustand der Sportstätten erhoben sowie Begehungen und Befragungen durchgeführt. Auf dieser Basis wurde in Zusammenarbeit mit Fachkolleginnen und -kollegen (u.a. aus dem Bauamt) der Sanierungsbedarf der Sportstätten vor Ort eruiert und sportinfrastrukturelle Versorgungslücken identifiziert. Das Ergebnis zeigte unter anderem einen Mangel an Rasenplätzen in der Tribseer Vorstadt sowie die fehlenden Trainingsmöglichkeiten für Leichtathletinnen und Leichtathleten innerhalb der Stadt auf.
Eine Orientierungsgrundlage für die Erarbeitung der Planung stellte der Austausch mit anderen Kommunen innerhalb der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sportämter Mecklenburg-Vorpommern sowie die in Rostock durchgeführte Sportstättenentwicklungsplanung dar.
Derzeit erörtert die Hansestadt die Möglichkeiten, in Nachfolge der Sportstättenentwicklungsplanung eine Integrierte Sportentwicklungsplanung aufzusetzen. Im Austausch mit anderen Kommunen in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sportämter zeigte sich bereits deren Mehrwert, bspw. in Form einer stärkeren Verzahnung von Sport- und Stadtentwicklung und der Beteiligung der Stadtbevölkerung. Mit ihr ist auch die Erwartung verbunden, Sport durch die integrierte Perspektive und die engere ämterübergreifende Zusammenarbeit noch organisierter entwickeln zu können. So eröffnet die Entwicklung einer integrierten Planungsgrundlage auch die Chance, z.B. Ressourceneinsätze zu optimieren. Wurde die Sportstättenentwicklungsplanung mit vertretbarem Aufwand selbstständig entwickelt, wäre für die Integrierte Sportentwicklungsplanung externe Expertise notwendig. Eine Herausforderung stellt in diesem Zusammenhang die Finanzierung dar.
Lernerfahrungen
Für die Umsetzung der Maßnahme war die gute Abstimmung zwischen den Fachabteilungen (u.a. Bauamt) sowie mit den Ministerien (u.a. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport) ausschlaggebend. Als zielführend erwies sich in diesem Zusammenhang das gemeinsame Ziel und der erkannte Mehrwert, mit der Multifunktionalität und den Nutzungsvarianten ein Beispiel für den Bau zukunftsfähiger Stadien darzubieten.
Über die Sportstättenentwicklungsplanung hinaus ist auch die Integrierte Stadtentwicklungsplanung (ISEK) ein wichtiges konzeptionelles Instrument für die Umsetzung der Maßnahme. Durch die Fortschreibung des ISEKs wurden die sozioökonomischen und städtebaulichen Herausforderungen des Stadtteils sichtbar und der Bedarf nach sportinfrastruktureller Ausstattung bestätigt. Grundlagen wie diese zeigen Handlungsbedarfe für die Sportentwicklung auf. Sie bilden die Basis, um aus den identifizierten Bedarfen entsprechende Sportangebote abzuleiten und durch eine Sportentwicklungsplanung gezielt umzusetzen.
Fazit
Die Sportstättenentwicklungsplanung stellt eine wichtige Grundlage dar, die Stralsund befähigt, systematisch und fundiert Aktivität und Bewegung der Bevölkerung generationenübergreifend zu fördern. Mit der Sportstättenentwicklungsplanung können vor allem die Projekte verwirklicht, die sich nicht nur auf bauliche Aspekte beschränken. Die Planung ermöglicht dagegen eine faktenorientierte Ziel- und Prioritätensetzung und schafft Orientierung. Die Stadt Stralsund zeigt, dass eine Bestandsaufnahme mit vertretbarem Aufwand eigenständig durchgeführt werden kann. Um Sport- und Stadtentwicklung jedoch noch stärker integriert betrachten und aufeinander abstimmen zu können, bedarf es zusätzlicher finanzieller Mittel sowie externer Expertise, um eine Integrierte Sportentwicklungsplanung anzufertigen.
Der Umbau zu einem multifunktionalen Stadion zeigt zudem, dass Investitionen in eine zukunftsfähige Sportinfrastruktur positive Implikationen für die Quartiersentwicklung mit sich bringen können. So hat unter anderem die Sanierung des Sportareals die Wohnungsbaugenossenschaften dazu bewogen, die Wohnbebauung im Umfeld der Sportanlage aufzuwerten und zu sanieren.
Autor |
Difu
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